Bei Fibromyalgie ist die Behandlung komplex
Die Behandlung der Fibromyalgie ist eine therapeutische Herausforderung und sollte gemeinsam mit einem Arzt oder Ärztin individuell angepasst werden. Die Fibromyalgie wird nicht einheitlich von Patient*innen beschrieben und empfunden, sondern hat viele Facetten. Deshalb kann ich hier auch nur meine ganz persönlichen Erfahrungen mit meiner Behandlung schildern und bevor ich das tue, möchte ich eine kurz die Symptome beschreiben.
Typisch für die Fibromyalgie sind dauerhafte Schmerzen am ganzen Körper, in den Muskel und meisten in der Nähe von Gelenken. Häufig ist auch die Wirbelsäule betroffen. Als ich im Jahr 2000 meine Diagnose erhielt, war die Erkrankung Fibromyalgie noch weitestgehend unbekannt. Es gab wenig fachkundige Ärzte und keine richtigen Anhaltspunkte für eine exakte Diagnose und einer wirksamen Behandlung. In einer Studie aus dem Jahr 2013 von der Universität Würzburg wurde ein Hinweis darauf gefunden, dass die Fibromyalgie auf eine Nervenschädigung in den Nervenenden unter der Haut zurück zu führen ist. Inzwischen ist auch bekannt, dass eine Vielzahl an Begleitsymptomen auftreten können. Meist sind diese unterschiedlich stark ausgeprägt oder werden verschieden wahrgenommen.
Das Fibromyalgie – Syndrom
Meine Erfahrungen mit der Fibromyalgie haben gezeigt, dass die verschiedenen Symptome kommen und gehen. Manchmal kann ich einen Zusammenhang zu meiner gegenwärtigen Lebenssituation fest stellen, oft aber auch nicht. Ich habe aufgehört nach dem „Warum“ zu fragen. „Warum habe ich jetzt schon wieder einen Schmerzschub? Mir ging es doch gerade so gut?“ oder „Ich mach doch schon so viel, warum wird es dann nicht besser?“ oder „Was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht?“
Die Willkür, mit der Schmerzen, Erschöpfung, Gereiztheit und andere Symptome auftreten, macht den Umgang und die Behandlung der Fibromyalgie nicht leicht. Denn gleichzeitig sind Symptome immer vorhanden und ich habe Jahre gebraucht, um sie in einem Zusammenhang zur Fibromyalgie zubringen, wie zum Beispiel das sog. Reizdarmsyndrom. Damit hatte ich schon im Kindesalter zu tun. Der Hausarzt stellte ein „Nervöses Magenleiden“ fest, weil ich regelmäßig und ohne erkennbaren Grund an Übelkeit und Erbrechen erkrankte. In meiner Jugend erlitt ich schwere Anfälle von Koliken, Magenschmerzen und Durchfall mit Schweißausbrüchen.
Oftmals habe ich das Gefühl meine Fibromyalgie gleicht einem Vollzeitjob, da ich ständig mit der Bewältigung der viele Symptome und der Aufrechterhaltung meiner Gesundheit beschäftigt bin. Bei gleichzeitigem Bemühen mich nicht zu sehr auf die Krankheit zu fokussieren. Meinen Mitmenschen nicht auf die Nerven gehen wollen, bedeutet für mich bedauerlicherweise, nicht über meine Krankheit zu reden. Wenn ich in eine Situation komme, in der ich meine Symptome beschreiben soll, zum Beispiel für einen Antrag oder bei der Aufnahme in einer Klinik, bin ich jedes mal erschrocken.
Liste aller meiner Symptome
Muskelschmerzen Gelenkschmerzen Kopfschmerzen – Migräne – Müdigkeit Erschöpfung – Konzentrationsschwierigkeiten – Nebel im Kopf Wortfindungsschwierigkeiten – Gesichtsschmerzen – Kieferschmerzen Zahnschmerzen – Rückenschmerzen – Schulter – Nacken – Verspannung – gestörtes Kurzzeitgedächtnis – Schwindel- Ohrengeräusche – Hyperakusis Lärmempfindlichkeit – Lichtempfindlichkeit – schwaches Immunsystem – Reizdarm Restless – legs -syndrom – Schlafstörungen – geschwollene Hände und Füße Schmerzen in den Füßen beim Aufstehen – schmerzende kraftlose Hände – Traurigkeit und Depression – Antriebslosigkeit – Nervosität – Unruhe – angespannter Muskeltonus – Berührungen oder leichter Druck sind schmerzhaft – empfindliche Haut – Lustlosigkeit – gestörte Körperwahrnehmung – andauernd stoße ich an oder lasse Dinge fallen – Gefühl von Entzündung im Körper andauerndes Grippegefühl besonders bei starker Belastung – lang andauernde Erholungsphasen nach Schmerzschub oder einer Erkältung – Wetterfühligkeit – Stimmungsschwankungen Schmerzschübe kommen willkürlich unberechenbar ohne Ankündigung
Bei so vielen Symptomen sind sich sicherlich viele Menschen, Leserinnen und Leser, Betroffene und Angehörige, Ärzte und Psychotherapeuten hilflos und überfordert. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei der Einnahme eines neues Medikaments oder eine neue Fibromyalgie – Behandlung egal ob Physiologe – oder Psychotherapeutin, eine kurzfristige Linderung eintrat. Die Enttäuschung war jedes mal groß, wenn nach einigen Woche die mir bekannten Symptome wieder kamen. Nicht selten war auch die mich behandelnde Person (Ärzte, Physiotherapeuten und Psychotherapeuten) enttäuscht.
Welche Möglichkeiten stehen zur Behandlung der Fibromyalgie zur Verfügung?
In der Fachwelt spricht man bei der Fibromyalgie – Behandlung von einem Multimodales Behandlungskonzept, was nichts anderes heißt, als eine Reihe von verschiedenen Therapien, wie Physiotherapie, Bewegungstherapie, Schmerztherapie und Psychotherapie fester Bestandteil innerhalb der Behandlung sein sollte.
Die Physiotherapie
Im Bereich der Physiotherapie gibt es viele verschiedene Behandlungsmethoden. Die häufigste Methode ist die manuelle Therapie, womit in der Regel Massagen gemeint sind, aber je nach Profession der Physiotherapeut*in können Methoden wie Craniosacrale Therapie oder auch andere mit in die Behandlung einfließen.
Ich habe festgestellt, dass ich nur ganz sanfte Massagen, wenn überhaupt, vertrage, weil ich sonst nach eine Behandlung mehrere Tage starke Schmerzen habe. Meine Physiotherapeutin kennt mich schon lange und zu ihr habe ich vollstes Vertrauen. Meines Erachtens ist es ganz wichtig eine geeignete Person zu finden, die sich mit Fibromyalgie auskennt. Das ist unter Umständen mühselig und setzt voraus, dass man bereit ist das Wechseln einer Praxis in Kauf zu nehmen.
Einen geeigneten Ärzt*in für die individuelle Behandlung
Genauso wichtig ist die Wahl für eine geeignete Ärztin oder einen geeigneten Arzt. Die Hausärztin oder der Hausarzt ist nicht immer eine gute Wahl. Auch Rheumatolog*innen können einem Menschen mit Fibromyalgie oft nicht weiter helfen. Eine Fachärztin oder Facharzt für Schmerztherapie hat mehr Möglichkeiten innerhalb der medikamentösen Schmerztherapie und kann regelmäßig Physiotherapie verordnen.
Psychotherapie ja oder nein?
Eine Psychotherapeutische Verhaltenstherapie mit Schwerpunkt Schmerzbewältigung kann ich auch unbedingt empfehlen. Ich habe verschiedene Therapien gemacht, zum Beispiel eine Traumatherapie und eine Schematherapie. Auch bei der Wahl einer Psychoterapeut*in sollte sorgfältig und in Ruhe geschehen. Ein gewisser Vorteil besteht, wenn die Therapeut*in die Fibromyalgie kennt und schon damit gearbeitet hat. Die Seite www.therapie.de erleichtert die Suche nach Therapeut*innen mit der richtigen Zusatzqualifikation. Meine Therapien haben mir alle geholfen die Schmerzen besser zu bewältigen und einschätzen zu können. Die Schematherapie hat mich am meisten begeistert, aber das muss jede*r für sich alleine herausfinden.
Behandlung mit Medikamenten
Eine Behandlung der Fibromyalgie mit Medikamenten ist genauso schwierig, wie alles andere, was ich bisher beschrieben habe. Leider sind die Erfahrungen von Menschen mit Fibromyalgie mit Schmerzmitteln und anderen Medikamenten so unterschiedlich, dass jede*r es selber für sich herausfinden muss. Es gibt nicht DAS Medikament!
Ich habe schon eine ganze Reihe von Medikamenten genommen und kann im Prinzip kein einziges mit einem guten Gefühl empfehlen. Sehr häufig kommt Tillidin, Tramadol und andere Opiode zum Einsatz, was allerdings umstritten ist. Inzwischen weiß man, dass sie bei einer Fibromyalgie wirkungslos sind. Das Problem ist auch, dass man diese Tabletten nicht einfach absetzten kann, sondern ausschleichen muss. Nicht selten hat das zur Folge, dass man unter Entzugserscheinungen leidet und alles noch verschlimmert.
Vor fast zwei Jahren habe ich eine Cannabistherapie begonnen. Bedauerlicherweise ist diese Form der Behandlung noch immer nicht von allen Experten als Erfolg versprechend anerkannt. Ich profitiere sehr von der Therapie und komme inzwischen ganz ohne andere Medikamente aus.
Fibromyalgie mit Entspannungsübungen behandeln
Es ist hinlänglich bekannt, dass die aktive Entspannung eine große Rolle in der Schmerztherapie und damit auch in der Behandlung einer Fibromyalgie spielt. Stellt sich nur die Frage, was ist geeignet? Was tut Fibromyalgie Patient*innen gut? Auch das ist etwas, was man nur für sich selber heraus finden kann und zwar in dem man ausprobiert, ausprobiert und ausprobiert.
Bei der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen und bei Feldenkrais ist Vorsicht geboten. Ich habe beides als Schmerz verstärkend empfunden und ich bin etliche Male von Betroffenen bestätigt worden.
Mit Übungen zur Achtsamkeit und der Hilfe von MBSR – Kursen, habe ich für mich eine gute Basis gefunden. Allerdings ist das große „A und B“ die Praxis, will sagen üben, üben, üben!
Ernährung und Bewegung
Ein weiterer Bestandteil der Behandlung von Schmerzen bei Fibromyalgie, ist eine ausgewogene Ernährung. Die meisten Expert*innen empfehlen eine vollwertige Kost mit wenig tierischem Eiweiß. Man sollte auf Fleisch so gut wie möglich verzichten und auch alle Milchprodukte reduzieren. Ich ernähre mich zum größten Teil vegan, was für mich perfekt zu sein scheint. Einige Betroffene haben mir von guten Erfolgen mit der LOGI – Diät erzählt, wo ganz auf Zucker verzichtet wird. Mit meinem Selbstversuch bin ich nicht weit gekommen – ich war nicht konsequent genug!
Ein leichtes Ausdauertraining wie Schwimmen, Fahrrad fahren, Walking und Funktionstraining in kleinen Gruppen ist, auch wenn die Fibromyalgie so stark ausgeprägt ist, dass man sich kaum bewegen kann, dringend erforderlich. Häufig gelingt der Ausstieg aus dem „Schmerzkreislauf“ nur dann, wenn man mit leichten Bewegungen beginnt. Ich bin oft mit zu viel Ehrgeiz und einer zu großen Erwartungshaltung daran gegangen. Am Tag danach musste ich mit extremen Schmerzen bezahlen.
In einer Zeit, in der ich gefühlt gar nichts machen konnte, habe ich das Yoga für mich entdeckt. Ich habe mit einer sanften achtsamen Yogapraxis begonnen und konnte feststellen, dass es mir nach anfänglichen Widerständen den Weg zu mehr Beweglichkeit und weniger Schmerzen eröffnet hat.